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Masken ab: Über Autismus und das Verstecken des wahren Ich

Maskierung, was ist das?

Maskierung ist ein Begriff, den wir verwenden, um eine besondere Art des Verhaltens zu beschreiben. Es bezieht sich hier auf Menschen mit Autismus.
Manchmal versuchen sie, sich so zu verhalten, wie sie glauben, dass es von ihnen erwartet wird. Dies geschieht nicht immer bewusst und ist für den Menschen im Spektrum selbst, nicht immer zu erkennen.
Die Maskierung, auch Camouflaging genannt, wird auf unterschiedliche Arten eingesetzt. Autist*innen versuchen so zu wirken, wie die meisten Menschen in der Gesellschaft. Wie bereits erwähnt, ist dies aber nicht unbedingt ein bewusster Mechanismus.

Sofia Weavind hinter der Maske

Wie sieht Maskierung bei Autismus aus?

  • Blickkontakt aufrechterhalten, obwohl es unangenehm ist: Für Menschen mit Autismus ist es unangenehm oder schwierig, Blickkontakt zu halten. Sie könnten es jedoch versuchen, weil sie gelernt haben, dass es von ihnen erwartet wird. Blickkontakt wird oft als Zeichen von Aufmerksamkeit und Respekt angesehen. So kann es passieren, dass sie, obwohl sie sich dabei unwohl fühlen, versuchen, den Blickkontakt aufrechtzuerhalten.
  • Lachen über Witze, die nicht wirklich verstanden werden: Humor kann sehr komplex sein und hängt oft von Kontext und Kultur ab. Manche Menschen mit Autismus haben Schwierigkeiten, bestimmte Arten von Humor zu verstehen, besonders wenn es um Ironie oder Sarkasmus geht. Aber sie haben vielleicht bemerkt, dass andere Menschen lachen, und entscheiden sich, mitzulachen, um nicht anders zu wirken. Sie maskieren also ihre Verwirrung oder ihr Unverständnis, um sozial akzeptiert zu sein.
  • Anpassung der Körpersprache: Menschen mit Autismus versuchen möglicherweise, ihre Körpersprache so anzupassen, dass sie der ihrer Mitmenschen ähnelt. Sie könnten ihre Haltung oder Bewegungen ändern, um „normal“ zu wirken.
  • Kontrolle von Interessen: Sie könnten ihre besonderen Interessen oder Obsessionen verbergen oder kontrollieren, um nicht „anders“ zu wirken. Zum Beispiel könnten sie über Themen sprechen, die sie eigentlich nicht interessieren, nur um ein Gespräch zu führen.
  • Anpassung des Sprechstils: Einige Menschen mit Autismus könnten versuchen, ihren Sprechstil zu ändern. Sie könnten versuchen, die Stimmlage, den Rhythmus oder den Tonfall zu kontrollieren, um „normaler“ zu klingen.
  • Imitation: Sie könnten das Verhalten, die Mimik oder die Sprache von Menschen um sie herum imitieren. Dies könnte helfen, in sozialen Situationen „unauffällig“ zu bleiben.
  • Verbergen von Unbehagen: Menschen mit Autismus könnten versuchen, Anzeichen von Unbehagen oder Überforderung zu verbergen. Sie könnten lächeln oder still bleiben, auch wenn sie sich unwohl oder gestresst fühlen.

Gender-Dimension der Maskierung bei Autismus

Autismus zeigt sich bei jedem Menschen auf unterschiedliche Weise. Bei Mädchen und Frauen kann es oft anders aussehen als bei Jungen und Männern. Das liegt daran, dass unsere Gesellschaft bestimmte Erwartungen daran hat, wie sich Mädchen und Frauen verhalten sollten. Diese Erwartungen können dazu führen, dass Mädchen und Frauen mit Autismus oft mehr Maskierung betreiben. Allerdings ist die Erwartungshaltung, dass Mädchen und Frauen eher schüchtern sind und weniger reden bei Autismus von Natur aus gegeben.

Stellen Sie sich vor, Sie wären auf einer Party und fühlen sich unwohl, weil es zu laut ist. Aber Sie bemerken, dass alle anderen Menschen Spaß zu haben scheinen. Sie könnten sich dazu gezwungen fühlen, so zu tun, als ob Sie auch Spaß hätten, um nicht aufzufallen. Das ist ein Beispiel für Maskierung.

Bei Mädchen und Frauen mit Autismus kann das noch komplizierter sein. Sie könnten versuchen, ihre Gefühle zu verbergen, ihre Interessen zu ändern oder sich sozialer zu verhalten, um den Erwartungen der Gesellschaft gerecht zu werden. Aber das Verstecken des wahren Ichs kann sehr anstrengend sein und zu Stress, Ängsten, Depressionen und sogar Essstörungen und weiterem führen. Auch Persönlichkeitsstörungen sind nicht selten.

Das Problem ist, dass Mädchen und Frauen, die gut darin sind, ihre autistischen Merkmale zu maskieren, oft nicht als autistisch erkannt werden. Ihre Symptome werden übersehen, und sie erhalten nicht die Unterstützung, die sie benötigen. Deshalb ist es so wichtig, über Maskierung und die Gender-Dimension von Autismus zu sprechen. Wir müssen Wege finden, alle Menschen mit Autismus zu unterstützen, unabhängig von ihrem Geschlecht.

Maskierung in der Schule und am Arbeitsplatz

In der Schule und am Arbeitsplatz gibt es viele Regeln und Erwartungen. Menschen mit Autismus können sich unter Druck gesetzt fühlen, diesen Erwartungen gerecht zu werden. Sie könnten versuchen, ihr Verhalten, ihre Sprache oder ihre Reaktionen zu ändern, um „normal“ zu wirken.

In der Schule zum Beispiel könnte ein Kind mit Autismus versuchen, ruhig zu bleiben, auch wenn es von den Geräuschen und Menschen überfordert ist. Es könnte versuchen, seine besonderen Interessen zu verbergen oder sich an Gruppengesprächen zu beteiligen, auch wenn es das schwierig findet. Das kann sehr anstrengend sein und das Kind müde und gestresst machen.

Am Arbeitsplatz könnte eine Person mit Autismus versuchen, soziale Veranstaltungen wie Teambesprechungen oder Firmenfeiern zu besuchen, auch wenn sie diese als stressig oder verwirrend empfindet. Sie könnte versuchen, Smalltalk zu führen oder die Körpersprache ihrer Kollegen zu imitieren, obwohl das für sie nicht natürlich ist. Auch das kann zu Stress und Erschöpfung führen.

Es gibt jedoch Wege, wie Schulen und Arbeitsplätze helfen können. Sie könnten mehr Flexibilität und Verständnis zeigen und Menschen mit Autismus ermutigen, sich selbst treu zu sein. Zum Beispiel könnten sie ruhige Räume zur Verfügung stellen oder soziale Veranstaltungen optional machen. Es ist wichtig, dass wir alle lernen, die Unterschiede zu akzeptieren und eine Umgebung zu schaffen, in der jeder Mensch so sein kann, wie er ist.

Auf dem Weg zu größerer Akzeptanz

Akzeptanz ist, wenn wir Menschen so annehmen, wie sie sind. Für Menschen mit Autismus ist Akzeptanz sehr wichtig. Sie brauchen eine Gesellschaft, die versteht, dass sie anders sind, und dass sie in Ordnung sind, wie sie sind.

Maskierung kann sehr anstrengend sein. Es kann zu Stress und anderen Problemen führen. Deshalb ist es wichtig, dass wir lernen, Menschen mit Autismus zu akzeptieren, wie sie sind. Wir sollten nicht von ihnen erwarten, dass sie sich verstellen oder „normal“ wirken.

Die gute Nachricht ist, dass wir alle dazu beitragen können, eine akzeptierende Gesellschaft zu schaffen. Wir können das tun, indem wir mehr über Autismus lernen. Wir können auch darauf achten, wie wir sprechen und handeln. Zum Beispiel könnten wir aufhören, von Menschen zu erwarten, dass sie uns in die Augen schauen, wenn sie mit uns sprechen. Oder wir könnten damit aufhören, Menschen zu verurteilen, weil sie anders sind.

Schulen und Arbeitsplätze können auch dazu beitragen, indem sie inklusiver und unterstützender werden. Sie könnten mehr Verständnis und Flexibilität zeigen und sicherstellen, dass jeder Mensch so sein kann, wie er ist.

Der Weg zu größerer Akzeptanz ist nicht immer einfach. Aber er ist sehr wichtig. Wenn wir alle unseren Teil dazu beitragen, können wir eine Gesellschaft schaffen, in der jeder Mensch akzeptiert und wertgeschätzt wird, genau so, wie er ist.

Sofia Weavind mit fallender Maske

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Maskierung ein wichtiges Thema ist, das mehr Aufmerksamkeit benötigt. Viele Menschen mit Autismus fühlen sich gezwungen, sich zu verstellen und ihre wahren Gefühle und Interessen zu verbergen, um den Erwartungen der Gesellschaft gerecht zu werden. Aber das kann sehr anstrengend sein und zu Stress, Ängsten und vielen anderen psychischen Erkrankungen führen.

Indem wir mehr über Maskierung und Autismus lernen, können wir diese Menschen besser verstehen und unterstützen. Es geht nicht darum, sie zu ändern oder von ihnen zu erwarten, dass sie „normal“ sind. Es geht darum, sie so zu akzeptieren, wie sie sind, und eine Gesellschaft zu schaffen, die die Unterschiede feiert und schätzt.

Mir ist es wichtig zu betonen, dass jeder Mensch einzigartig und wertvoll ist, genau so, wie er ist. Niemand sollte sich verstellen müssen, um akzeptiert zu werden. Durch Verständnis, Akzeptanz und Unterstützung können wir dazu beitragen, eine inklusivere und gerechtere Gesellschaft zu schaffen. Und das beginnt damit, die Masken abzunehmen und unser wahres Ich zu zeigen.

Ressourcen und weiterführende Literatur

  1. Bücher:
    • „Women and Girls with Autism Spectrum Disorder“ von Sarah Hendrickx. Dieses Buch untersucht die geschlechtsspezifischen Aspekte von Autismus und geht dabei auch auf das Thema Maskierung ein.
    • „Aspergirls“ von Rudy Simone. Dieses Buch bietet viele Einblicke in die Erfahrungen von Frauen mit Asperger-Syndrom, inklusive der Themen Maskierung und Anpassung. Allerdings finde ich es sehr aus nur ihrer Perspektive geschrieben. Dennoch: tolles Buch
  2. Online-Ressourcen:
    • Autismus Deutschland e.V. bietet eine Vielzahl von Ressourcen und Artikeln zum Thema Autismus.
    • Autismus-Kultur bietet Informationen, Ressourcen und Unterstützung für Menschen mit Autismus und ihre Angehörigen. Die Website widmet sich einer breiten Palette von Themen im Zusammenhang mit Autismus, von grundlegenden Informationen über das Autismus-Spektrum bis hin zu spezifischen Themen wie Kommunikationsstrategien, Bildung und Arbeitsleben.
    • Aspies e.V. ist ein Selbsthilfe- und Interessenverband von Menschen mit Asperger-Syndrom.
    • Autistica.org ist eine britische Forschungsorganisation, die sich mit Autismus beschäftigt. Sie bietet viele Ressourcen und Artikel zum Thema Autismus, inklusive dem Thema Maskierung.
    • Die National Autistic Society bietet eine Vielzahl von Ressourcen und Artikeln zum Thema Autismus und verfügt über eine Suchfunktion, die dabei helfen kann, spezifische Themen zu finden.
    • The Autism Women’s Network ist eine Organisation, die sich auf die Unterstützung von Frauen und Mädchen mit Autismus konzentriert. Sie bieten eine Fülle von Ressourcen, einschließlich Informationen über Maskierung.
  3. Wissenschaftliche Artikel:

Podcast zum Thema und weiteres Lesen

In meiner neuesten Podcast-Folge erfahren Sie etwas mehr zum Thema, inklusive persönlicher Erfahrungen aus meiner Kindheit. Weitere Folgen können Sie hier einsehen.

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