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Erste Hilfe: Skills zur Bewältigung psychischer Notfälle

Psychische Notfälle können jeden treffen, und sie können genauso intensiv und einschüchternd sein wie physische Notfälle. Oftmals sind wir jedoch nicht darauf vorbereitet, auf sie zu reagieren – weder bei uns selbst noch bei anderen. In diesem Artikel werden wir einige Skills besprechen, die helfen können, psychische Notfälle besser zu bewältigen. Ein Beispiel für eine solche Technik ist das Gummiband-Schnipsen, welche ich hier genauer ausführe.

Inhaltsverzeichnis

Was sind psychische Notfälle?

Bevor wir in die Skills eintauchen, definieren wir zunächst, was psychische Notfälle sind. Dabei handelt es sich um Situationen, in denen eine Person plötzliche und extreme Gefühle der Angst, Panik, Traurigkeit oder Verzweiflung erlebt. Sie können von Traumata, Panikattacken, heftigen Stimmungsschwankungen oder sogar Suizidgedanken ausgelöst werden.

Skills für psychische Notfälle

Die unten genannten Skills sind Techniken der Selbsthilfe. Sie sind als erste Reaktion auf einen psychischen Notfall gedacht, ersetzen jedoch nicht professionelle Hilfe. In ernsten Fällen sollten immer medizinische Fachkräfte oder Therapeuten konsultiert werden.

Warnhinweis zur Anwendung von Skills in psychischen Notfällen

Es ist wichtig zu verstehen, dass die in diesem Beitrag vorgestellten Skills und Techniken zur Bewältigung von psychischen Notfällen lediglich als kurzfristige Hilfsmittel dienen. Sie sollen Ihnen helfen, den Moment der hohen Anspannung zu überstehen, und sind keine dauerhafte Lösung für psychische Probleme oder Krankheiten.

Diese Skills ersetzen in keinem Fall eine professionelle psychische Gesundheitsversorgung. Wenn Sie sich in einer anhaltenden psychischen Notlage befinden, sollten Sie immer professionelle Hilfe suchen. Es ist essentiell, mit einem qualifizierten Therapeuten, Psychiater oder einer anderen vertrauenswürdigen medizinischen Fachkraft zu sprechen, um einen geeigneten Behandlungsplan zu erstellen.

Beachten Sie, dass einige der vorgeschlagenen Techniken potenziell schädlich sein könnten, wenn sie falsch oder unsachgemäß angewendet werden. Vermeiden Sie insbesondere Techniken, die körperlichen Schmerz oder Unbehagen verursachen könnten. Verletzen Sie sich selbst nicht und überschreiten Sie nicht Ihre körperlichen Grenzen.

Wenn Sie eine Technik ausprobieren, die Schmerz oder Unbehagen verursacht oder Ihre Symptome verschlimmert, hören Sie sofort auf, diese Technik zu verwenden.

Jeder Mensch ist einzigartig, und was für eine Person hilfreich sein kann, ist möglicherweise nicht hilfreich oder sogar schädlich für eine andere. Es ist daher wichtig, dass Sie auf Ihren Körper hören und die für Sie passendsten Techniken auswählen.

Immer daran denken: Es ist mutig, um Hilfe zu bitten, und es gibt viele Ressourcen und Menschen, die bereit und qualifiziert sind, Ihnen zu helfen. Sie sind nicht allein, und es gibt Hilfe und Hoffnung.

Skills für hohe Anspannungen

Ammoniak „Ammola“ Riechstäbchen:

Ammoniak hat einen sehr starken und stechenden Geruch. Das Riechen daran kann eine sofortige und intensive sensorische Erfahrung bieten.

Ahoj-Brause lange lutschen/ kauen:

Ahoj-Brause hat einen intensiven Geschmack, der als Ablenkung dienen kann. Außerdem kann das Kauen oder Lutschen als beruhigende körperliche Aktivität wirken.

Boxen (Boxsack, Punching-Ball, ins Kissen, etc.):

Boxen ist eine intensive körperliche Aktivität, die überschüssige Energie abbauen und dabei helfen kann, Stress und Anspannung zu verringern.

Center Schocks lange & langsam lutschen/ kauen:

Center Schocks sind extrem saure Bonbons. Der intensive Geschmack kann als Ablenkung wirken.

Coolpack/ Eisbeutel (oder Tiefkühlgemüse) – in einem Tuch – auf den Nacken drücken:

Kälte kann ein starkes körperliches Gefühl erzeugen, das als Ablenkung dient und gleichzeitig beruhigend wirkt.

Druck auf Akupressurpunkte/ Schmerzpunkte/ Notfall-Punkt ausüben:

Das Drücken auf bestimmte Punkte des Körpers kann dazu beitragen, Stress und Anspannung zu verringern.

Extreme Schärfe essen:

Scharfe Lebensmittel wie Chili, Meerrettich oder scharfe Gewürze können eine intensive Geschmackserfahrung bieten, die ablenkend wirken kann.

Finalgon Salbe/ Pferde-Wärme-Salbe/ Elacur Hot Salbe auf Haut auftragen:

Diese Salben erzeugen ein starkes Wärme- bis Schmerzgefühl, das als Ablenkung dienen kann. Das Gefühl kann intensiviert werden, indem man Frischhaltefolie um die eingecremte Stelle wickelt.

Intensives Seilspringen, Liegestütze/ Sit-ups/ Burpees/ Star-Jumps:

Intensive körperliche Aktivität kann dazu beitragen, Stress und Anspannung abzubauen und die Ausschüttung von Endorphinen zu fördern.

Kirschkerne oder kleine Kieselsteine in den Schuh legen und gehen:

Das unangenehme Gefühl kann als Ablenkung dienen und dazu beitragen, die Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment zu lenken.

Zimtkaugummi kauen, Zitronensaftkonzentrat:

Diese haben intensive Geschmäcker, die als Ablenkung wirken können.

Gummiband-Schnipsen

Diese Technik, auch als Gummiband-Technik bekannt, kann besonders hilfreich sein, wenn man von überwältigenden negativen Gedanken oder Impulsen überflutet wird. Hier ist, wie es funktioniert:

  1. Besorgen Sie sich ein Gummiband. Es sollte groß genug sein, um locker um Ihr Handgelenk zu passen.
  2. Tragen Sie das Gummiband um Ihr Handgelenk. Stellen Sie sicher, dass es nicht zu eng ist und die Durchblutung nicht beeinträchtigt.
  3. Ziehen und lassen Sie los. Wenn Sie sich auf negative Gedanken oder Gefühle konzentrieren, ziehen Sie das Gummiband zurück und lassen Sie es gegen Ihre Haut schnippen. Der leichte Schmerz kann dazu dienen, Ihre Aufmerksamkeit von Ihren Gedanken weg und zurück in die physische Realität zu lenken.

Das Gummiband-Schnipsen ist eine Form der sogenannten „Distraktionstechniken“, die dazu dienen, die Aufmerksamkeit von belastenden Gedanken oder Gefühlen abzulenken.

Eiswürfel:

Eiswürfel auf Pulspunkte oder in den Nacken legen können dabei helfen, die Aufmerksamkeit zu lenken.

Skills für mittlere Anspannungen

Intensive körperliche Bewegung:

Wenn die Anspannung extrem hoch ist, kann eine intensive körperliche Aktivität helfen. Laufen, Springseil springen oder auch nur kraftvolles Gehen können dazu beitragen, überschüssige Energie abzubauen und Endorphine freizusetzen.

Eiskalte Dusche oder kaltes Gesichtswasser:

Kälte kann einen starken, sofortigen Einfluss auf unser körperliches und geistiges Befinden haben. Eine eiskalte Dusche oder das Eintauchen des Gesichts in kaltes Wasser (der „Tauchreflex“) kann dazu beitragen, die Herzfrequenz zu verlangsamen und die Anspannung zu reduzieren.

Schrei in ein Kissen:

Manchmal kann die Freisetzung von Energie durch Schreien eine sofortige Erleichterung bieten. Ein Kissen kann dazu dienen, den Lärm zu dämpfen und eine unmittelbare Entlastung zu ermöglichen.

Schnelle Atemtechniken:

Manche Menschen finden, dass schnelle Atemtechniken, wie die „Feueratmung“ im Yoga, dazu beitragen können, die Anspannung zu reduzieren. Aber Vorsicht: Für manche Menschen können solche Techniken auch anregend wirken, also ist es wichtig, Ihren eigenen Körper und seine Reaktionen zu beobachten.

Zerstörerisches Journaling:

Dies ist eine Art von Schreiben, bei dem Sie all Ihre Gedanken und Gefühle auf Papier bringen, und dann das Papier zerreißen oder verbrennen. Dies kann dazu beitragen, ein Gefühl der Befreiung und Entlastung zu schaffen.

Taktile Stimulation:

Objekte wie Stressbälle, Knetmasse oder sogar ein Stück Stoff, mit dem man spielen kann, können hilfreich sein, um die Anspannung abzubauen und die Konzentration zu fördern.

Tiefe Bauchatmung:

Diese Form der Atmung kann helfen, das Nervensystem zu beruhigen und das Gefühl der Anspannung zu reduzieren. Konzentrieren Sie sich darauf, tief in den Bauch zu atmen und langsam auszuatmen.

Skills für geringere Anspannungen

Achtsamkeitsübungen und tiefe Atmung

Zwei weitere Techniken, die sich als hilfreich bei der Bewältigung psychischer Notfälle erwiesen haben, sind Achtsamkeitsübungen und tiefe Atmung. Bei Achtsamkeitsübungen geht es darum, sich auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren und das Bewusstsein für die eigenen Gefühle und Gedanken zu schärfen. Tiefe Atmung kann dazu beitragen, den Herzschlag zu verlangsamen und das Gefühl der Panik zu reduzieren.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle diese Techniken für jeden funktionieren. Verschiedene Menschen reagieren auf verschiedene Techniken unterschiedlich, und es ist oft ein Prozess des Ausprobierens, um herauszufinden, was für Sie am besten funktioniert. Der Schlüssel ist, nicht aufzugeben und sich Unterstützung zu suchen, wenn Sie sie benötigen.

Progressive Muskelentspannung:

Diese Methode, entwickelt von Edmund Jacobson, hilft, physische Spannungen abzubauen und kann dazu beitragen, auch mentale Spannungen zu reduzieren.

Selbstberuhigung durch Sinne:

Die Nutzung der fünf Sinne kann effektiv sein, um das Bewusstsein in den gegenwärtigen Moment zurückzubringen. Halten Sie Dinge bereit, die Sie visuell ansprechen (z.B. Bilder), etwas zum Berühren (z.B. ein weiches Tuch), zum Riechen (z.B. Aromatherapie-Öle), zum Schmecken (z.B. Lieblingsschokolade) und zum Hören (z.B. beruhigende Musik oder Naturgeräusche).

5-4-3-2-1-Technik:

Diese Achtsamkeitstechnik hilft, Sie in den gegenwärtigen Moment zu bringen. Sie identifizieren fünf Dinge, die Sie sehen können, vier Dinge, die Sie berühren können, drei Dinge, die Sie hören können, zwei Dinge, die Sie riechen können und ein Ding, das Sie schmecken können.

Visualisierungstechniken:

Stellen Sie sich einen sicheren und ruhigen Ort vor – vielleicht ein Strand, ein Wald, Ihr Schlafzimmer. Konzentrieren Sie sich auf jedes Detail dieses Ortes und versuchen Sie, sich dort hinzutransportieren.

Journaling:

Das Aufschreiben Ihrer Gedanken und Gefühle kann dabei helfen, die Gedankenflut zu ordnen und etwas Distanz zu schaffen.

Bewegung:

Körperliche Aktivität kann dazu beitragen, Stress abzubauen und die Ausschüttung von Endorphinen zu fördern, die als natürliche Stimmungsaufheller dienen.

Box-Atmung:

Bei dieser Technik atmen Sie vier Sekunden ein, halten den Atem für vier Sekunden, atmen dann für vier Sekunden aus und warten weitere vier Sekunden, bevor Sie wieder einatmen.

Selbstpflege-Rituale:

Eine warme Dusche, ein Bad, eine Tasse Tee oder Kaffee, ein gutes Buch – was auch immer Sie beruhigt und tröstet.

Die Drei-Objekte-Technik:

Finden Sie drei Dinge in Ihrer Umgebung und beschreiben Sie jedes ausführlich. Dies kann Ihnen helfen, sich wieder auf Ihre Umgebung zu konzentrieren und aus Ihrer Gedankenspirale herauszukommen.

SOS-Kontaktliste:

Erstellen Sie eine Liste mit Telefonnummern von vertrauenswürdigen Freunden, Familienmitgliedern oder Beratungsstellen, die Sie in einer Krise anrufen können.

Atembeobachtung:

Statt das Atemmuster zu ändern, beobachten Sie einfach nur Ihren Atem – wie die Luft durch Ihre Nase einströmt und wie sie ausströmt. Dies kann helfen, Ihren Geist zu beruhigen und Ihnen zu ermöglichen, sich wieder auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren.

Konfrontation mit negativen Gedanken:

Statt den negativen Gedanken auszuweichen, stellen Sie sich ihnen. Analysieren Sie sie und stellen Sie sich die Frage, ob sie wirklich wahr sind. Dies kann dazu beitragen, ihre Macht zu verringern.

Entspannungsapps:

Es gibt zahlreiche Apps (wie Headspace, Calm oder Insight Timer), die geführte Meditationen, beruhigende Musik oder Naturgeräusche anbieten, um Stress und Angstzustände zu reduzieren.

Kreatives Schaffen:

Zeichnen, Malen, Basteln, Schreiben – jede Form von kreativem Ausdruck kann helfen, Ihre Gedanken von der Angst weg zu lenken und Ihnen ein Gefühl der Beruhigung und Kontrolle zu vermitteln. Sie müssen kein Künstler sein. Auch Zentangles oder kritzeln funktionieren.

Die Methode der positiven Affirmationen:

Sagen Sie positive und stärkende Sätze zu sich selbst, wie „Ich kann das schaffen“, „Ich bin stark genug, um das zu bewältigen“. Diese Sätze können Ihnen helfen, das Selbstbewusstsein zu stärken und negative Gedanken zu bekämpfen.

Body-Scan-Meditation:

Bei dieser Methode konzentrieren Sie sich auf verschiedene Teile Ihres Körpers und bemerken, wie sie sich fühlen. Dies kann dazu beitragen, das Bewusstsein für den gegenwärtigen Moment zu schärfen und Angstgefühle zu reduzieren.

Naturerfahrung:

Ein Spaziergang im Freien, die Beobachtung der Natur oder einfach nur das Atmen frischer Luft können dazu beitragen, Stress abzubauen und die Stimmung zu heben.

Dehnübungen oder Yoga:

Solche Übungen können helfen, körperliche Spannungen abzubauen und gleichzeitig den Geist zu beruhigen.
(Übrigens empfehle ich, dass Yoga angeleitet wird. Ich kann Dagmar Jung Yoga sehr empfehlen, da man auch persönliches Feedback bekommt. Mir hat es sehr geholfen)

„Ich bin dankbar für…“-Liste:

Schreiben Sie eine Liste mit Dingen, für die Sie dankbar sind. Dies kann dazu beitragen, die Perspektive zu verschieben und sich auf positive Aspekte des Lebens zu konzentrieren.

Schlaf:

Schlaf ist oft unterschätzt, aber er ist entscheidend für unser emotionales Wohlbefinden. Wenn Sie Schwierigkeiten beim Schlafen haben, könnten Techniken wie progressive Muskelentspannung oder geführte Schlafmeditationen helfen.

Fazit

Die Bewältigung psychischer Notfälle ist eine komplexe Herausforderung, die individuelle Strategien und professionelle Unterstützung erfordert. Die in diesem Beitrag vorgestellten Skills dienen als Werkzeuge, um Ihnen zu helfen, schwierige Momente zu bewältigen und die Intensität der Symptome zu reduzieren.

Es ist wichtig zu betonen, dass diese Techniken nicht als Ersatz für professionelle psychische Gesundheitsversorgung dienen, sondern lediglich als ergänzende Hilfsmittel, die zur Verfügung stehen, wenn Sie sie benötigen.

Jede Person ist einzigartig und reagiert unterschiedlich auf verschiedene Strategien. Was für eine Person hilfreich sein kann, kann für eine andere Person nicht wirksam oder sogar kontraproduktiv sein. Deshalb ist es entscheidend, auf Ihren Körper und Ihre Gefühle zu hören und die Techniken auszuwählen, die für Sie am sichersten und hilfreichsten sind.

Wenn Sie sich in einer anhaltenden psychischen Notlage befinden, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gibt viele qualifizierte Fachleute und Ressourcen zur Verfügung, die Ihnen helfen können, durch diese schwierige Zeit zu navigieren.

Denken Sie daran, Sie sind nicht allein. Es gibt immer Hilfe und Hoffnung. Es ist ein Zeichen von Stärke und Mut, um Unterstützung zu bitten, wenn Sie sie benötigen.

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5 Gedanken zu „Erste Hilfe: Skills zur Bewältigung psychischer Notfälle“

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  4. Also bei einem Nothelferkurs in Seefeld wurde auf psychische Auswirkungen wenig eingegangen. Mehr Fokus auf die körperlichen Aspekte. Aber ging da auch mehr um die Führerscheinprüfung. Trotzdem wichtiges Thema, denn ob jemand im Notfall bei viel Blut sich an den Kurs erinnert.

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